Die Freie Hansestadt Bremen hat in den vergangenen Jahren eine führende Rolle im Bereich e-Government übernommen. Die Modernisierung der Verwaltung ist im Ressort des Senators für Finanzen angesiedelt. Das Projekt "Vergabe" setzt die Bremer Behörde im Kontext des Onlinezugangsgesetzes (OZG) federführend deutschlandweit um.
Mittels einer Präqualifizierung können Unternehmen, die an öffentlichen Ausschreibungsverfahren teilnehmen, ihre Eignung ausschreibungsunabhängig bereits im Vorfeld nachweisen und sich in amtlichen Verzeichnissen registrieren lassen.
Ziel des Digitalisierungsprojektes ist, Eignungsprüfungen sowohl nutzerzentriert als auch effizienter und rechtssicherer durchzuführen. Arbeitsaufwand und Kosten für Unternehmen sollen reduziert und die Einreichung fehlerhafter oder unvollständiger Vergabeunterlagen, die zum Ausschluss vom Bieterverfahren führen könnten, vermieden werden. Vergabestellen der Länder sollen von der Aktualität und Vollständigkeit eingereichter Unterlagen profitieren und nicht mehr alle eingereichten Nachweise überprüfen müssen.
neusta enterprise services wurde zunächst mit der Konzeption eines schlanken, digitalisierten Präqualifizierungsprozesses beauftragt, welcher die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Online-Zugangsgesetzes berücksichtigt. Das zu Beginn vierköpfige neusta-Projektteam gewann Erkenntnisse über den aktuellen, größtenteils noch analogen Prozess. Eine große Herausforderung bestand darin, dass die Präqualifizierung weder einem einheitlichen Vorgehen unterliegt noch von einer übergeordneten Stelle gesamtverantwortlich gesteuert wird.
Maßgeblich Beteiligte, u.a. Beratungsstellen, Unternehmen und öffentliche Vergabestellen, wurden als Stakeholder identifiziert und strukturiert interviewt. Rechtliche Grundlagen wurden herangezogen und Erkenntnisse mit tiefergehenden Recherchen angereichert. Um sicherzustellen, dass der zukünftige Online-Service die Anwender:innen in den Mittelpunkt stellt, wurden mittels Methoden des agilen Design-Thinking-Ansatzes Nutzermodelle (sogenannte Personas) entwickelt und eine User Journey definiert, die die zukünftigen Interaktionen abbildet.
Auf dieser Grundlage wurden schließlich fachliche und technische Anforderungen dokumentiert und in enger Zusammenarbeit mit dem Leistungsverantwortlichen der Freien Hansestadt Bremen priorisiert. Die Umsetzungsempfehlung beinhaltete ein Konzept für die Bremer Referenzimplementierung, den Roll-out in weitere Bundesländer sowie zwei Ausbaustufen.
In der Umsetzungsphase bestand team neustas Auftrag zunächst darin, innerhalb von sechs Monaten unter Anwendung agiler Projektmanagementmethoden ein Minimum Viable Product (MVP) mit elementarsten Funktionen zu entwickeln und den digitalen Service danach im Rahmen mehrerer Releases sukzessive auszubauen.
Um schnell und strukturiert auf sich verändernde Bedingungen und Anforderungen reagieren zu können, wird das PQ-Portal im Rahmen zweiwöchiger Sprints (weiter)entwickelt. Das Umsetzungsteam von team neusta ist crossfunktional besetzt: Drei Fullstack-Entwickler:innen der team neusta Gesellschaft HEC arbeiten selbstorganisiert und treffen Entscheidungen über die technische Umsetzung. Unterstützt wird das Team von einer UX-Designerin von neusta experience sowie einem Testmanager. Die Proxy Product Ownerin von neusta enterprise services kümmert sich um die Koordination, Erfassung und Priorisierung der dynamischen Anforderungselemente in enger Absprache mit dem Leistungsverantwortlichen und den Stakeholdern; darüber hinaus fungiert sie als zentrale Ansprechpartnerin für das Entwicklungsteam. Unterstützt wird sie von einer Anforderungsmanagerin. Ein Scrum Master, ebenfalls von neusta enterprise services, verantwortet den agilen Prozess und stellt die Transparenz über die Arbeit des Teams gegenüber dem Auftraggeber und allen anderen Beteiligten her.
Implementiert wird das mehrschichtige Anwendungssystem mit Java, Spring und Angular. Für Unit-Tests und die Sicherstellung der Codequalität kommt ein automatisiertes Buildsystem zum Einsatz. Die Testdurchführung erfolgt mehrstufig in den Stagingsystemen (Entwicklung, Test, Integration).
Das PQ-Portal ging in der MVP-Version im April 2022 erfolgreich live. Die Weiterentwicklung schloss sich nahtlos an. So werden nach und nach weitere Verfahrensbeteiligte angebunden und erweiterte Funktionen freigeschaltet. Der Roll-out in nachnutzende Bundesländer soll bis Ende 2022 erfolgen.
Das PQ-Portal ist erreichbar unter der URL www.pq-online.eu.
Das Bremer Umsetzungsprojekt „Vergabe“ und die Inhalte seiner Teilprojekte werden in diesem Video vorgestellt:
Titelfoto: Pixabay